Sonntag, 25. Januar 2009

Mehrheit unzufrieden mit EU-Sicherheitsgesetzen


Mehrheit der EU-Bürger ist unzufrieden

Eine deutliche Mehrheit der EU-Bürger ist mit der heutigen Praxis, wie wichtige Sicherheitsgesetze verabschiedet werden, unzufrieden und wünscht sich in mehreren Punkten Verbesserungen. Das geht aus einer mit EU-Mitteln finanzierten Studie hervor.

Sowohl das Entscheidungsverfahren als auch die Inhalte der entsprechenden Gesetze zogen in der im Jahr 2007 durchgeführten Studie die Kritik zahlreicher EU-Bürger auf sich. Offenbar sind viele der Befragten unzufrieden damit, wie die EU das, gerade angesichts der in den letzten Jahren immer wieder die Gemüter bewegenden Terrorgefahr, sehr aktuelle und wichtige Thema Sicherheit angeht.


Einer der größten Kritikpunkte der Befragten ist die mangelnde Transparenz beim Gesetzgebungsverfahren. So fordern 90 Prozent der Umfrageteilnehmer, dass wichtige Fragen im Voraus konsequent öffentlich diskutiert werden und Anhörungen dazu stattfinden. Der Ansicht "Fragen von Sicherheit und Privatsphäre seien zu kompliziert, um die Öffentlichkeit mitreden zu lassen", stimmt dagegen nur eine kleine Minderheit zu.

Praktisch alle Befragten wünschen sich, dass vor dem Beschluss neuer Sicherheitsmaßnahmen eine stärkere Untersuchung möglicher Alternativen stattfindet. Vor allem Maßnahmen, die weniger in individuelle Rechte eingreifen und mit weniger großem Technologieeinsatz verbunden sind, sollten stärker berücksichtigt werden. Erst wenn erwiesen ist, dass diese weniger effektiv sind, sollen andere Maßnahmen zum Zuge kommen. Auch die letztendlich zur Umsetzung vorgesehenen Maßnahmen sollen vor ihrer flächendeckenden Einsetzung umfangreicher getestet werden, wenn es nach den Befragten geht.

Ebenfalls eine deutliche Mehrheit, nämlich ungefähr 90 Prozent, fordern eine stärkere Einbeziehung von Experten. Besonders häufig wurden hier Wissenschaftler genannt, deren Forschungsergebnisse man zukünftig stärker im Gesetzgebungsverfahren berücksichtigt sehen möchte. Auch eine bessere Kooperation mit Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch wird von vielen Befragten als wünschenswert angesehen.

Neben dem Gesetzgebungsverfahren werden auch die Inhalte zahlreicher aktueller Sicherheitsgesetze kritisiert. 85 Prozent der Befragten lehnen verdachtsunabhängige Maßnahmen wie etwa die Vorratsdatenspeicherung ab und "sind der Auffassung, in die Privatsphäre dürfe nicht ohne den hinreichenden Verdacht strafbarer Absichten eingegriffen werden". Beinahe ebenso viele, nämlich 80 Prozent, empfinden die immer stärker ansteigende Überwachung als "unangenehm".

Besonders brisant erscheint folgendes Ergebnis der Studie: "Gut die Hälfte der Befragten meint, unsere Sicherheit hänge von Sicherheitstechnologie ab. 70% sind jedoch wenigstens teilweise der Meinung, Sicherheitstechnik werde aus politischen Gründen zur Demonstration politischer Handlungsstärke eingeführt, ohne die Sicherheit wirklich zu verbessern. Viele Menschen sehen in Kriminalität eher ein soziales Problem und meinen, es müsse dementsprechend sozial und nicht technisch gelöst werden. So werden Bildung, Integration und eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage für sinnvoll gehalten, um Straftaten zu verhüten."

Auch ein erhebliches Missbrauchspotenzial neu eingeführter Sicherheitstechnologien sieht eine Mehrheit der Befragten. 90 Prozent gehen davon aus, dass Kriminelle früher oder später entsprechende Technologien für ihre Zwecke einsetzen werden. Immerhin 60 Prozent trauen sogar dem Staat selbst eine missbräuchliche Verwendung dieser Technologien zu.

Viele der von den Befragten angegebenen Kritikpunkte und Verbesserungsvorschläge decken sich recht genau mit Dingen, die Bürger- und Menschenrechtsorganisationen, Datenschutzgruppen und einige Oppositionspolitiker seit Jahren schon immer wieder fordern. Möglicherweise jedoch kann eine derartige Studie die zuständigen Politiker eher bewegen, ihre Strategien noch einmal zu überdenken

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